Ein ganz normaler Tag.......

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7.00 Uhr morgens. Die Sonne knallt voll ins Schlafzimmer. Klar, Schiebelaeden sind zwar vorhanden, aber nur fuer die grosse Balkontuer, nicht aber fuer das andere Fenster im Zimmer. Willkommen im Land der „Zweckarchitektur“. Nun gut, ich schiebe unser Nesthaekchen von meinem Bauch (Ja Jungs, in Japan schlaeft das Baby zwischen Mama und Papa. Und zwar solange bis es so ca. 4 Jahre alt ist. Nix mehr mit Spontansex....) und schaele mich aus dem Bett. Mit halb geschlossenen Augen stolpere ich die Treppe herunter. Die Richtung verfehlen kann ich nicht, schliesslich passe ich so grad mit meinen Schultern zwischen die Waende des Treppenhauses, wie eine Laborratte im Labyrinth. Nur das auf mich am Ende kein Leckerlie wartet....

Meine Frau ist schon wach und macht Obento fuer die Tochter. In der Privatschule muss man das Mittagessen teuer bezahlen, schliesslich gibt es jetzt ordentlich Zuschuesse vom Vater Staat und im Gesetzestext steht ja schliesslich nur, das die Schule umsonst/billiger sein soll. Also gibts Obento von zuhause. In der Kueche riecht es wie auf dem Fischmarkt. Ich unterdruecke den Brechreiz, schuette mir meinen „Kaffee Ratte“ ein und setzte mich an den Tisch, wo mich ein ganzer gegrillter Fisch mit truebem Auge anschaut. Angewidert setze ich mich um, dorthin wo „Er“ mich nicht sehen kann. Meine Tochter ist auch schon wach und isst grad ihr Fruehstueck: Den gegrillten Fisch, Reis mit einem rohen Ei als Topping, Fischsuppe, Blaubeerjoghurt und ein paar Wuerstchen mit Mayo. Mir wird schlecht, ich gehe raus vor die Tuer um frische Luft zu schnappen, aber dann faellt mir wieder ein wo ich hier eigentlich bin. Hust.

Ein paar Leute sind schon auf dem Weg zur Arbeit und schauen mich seltsam an. Vielleicht haette ich mir vorher doch lieber was anziehen sollen, meine Doraemon-Unterhose ist wohl doch nicht das Richtige um vor die Tuer zu gehen. Pfft, schaut euch doch mal an!

Naja, es nuetzt ja alles nix. Lustlos rasiere, wasche, frisiere und bekleide ich mich. 8.00 morgens, die Frisur sitzt, die Uniform (Anzug) passt perfekt. Auf in den Kampf, Torero! Ich verabschiede mich, schliesse die Tuer hinter mir und gehe mit gemaessigtem Tempo zum Bahnhof. Der Rest der Leute um mich herum hat es eiliger als ich. Die lernen es nie! Bloss noch schnell die letzte Kippe reinziehen, schliesslich kann man im Zug bis zur naechsten Umsteige nicht rauchen, so hetzen sie an mir vorbei.

Kurz vor dem Bahnhof schalte ich von „Neutral“ in den „Berserker“-Modus. Augenblicklich erscheint vor meinem innerern Auge ein Radarschirm, in dem Frauen, Kinder bis ca. 10 und Rentner in blau erscheinen, Salarimen und anderes maennliches Gesocks in rot. Ganz einfache Sache: Um blau mach ich einen Schlenker, um rot nicht. Achtung! Alarmstufe Rot! Ein Objekt auf Kollosionskurs! Obwohl auf „meiner Seite“ der Treppe der Pfeil nach unten zeigt, kommt mir ein „Man in Black“ auf dem Weg nach oben entgegen. Schiff klarmachen fuers Gefecht! Schirme hochfahren, das heisst: Schultern nach vorn, Tasche fest umklammern, Blick stur nach vorn. Es kommt zur Kollosion! 65 unvorbereitete, in Eile befindliche Kilogramm treffen auf 90 kg vorbereitete, schlechte Laune. Kurzer Blick nach hinten: Der Feind taumelt angeschlagen die Treppe hoch, murmelt irgendwas, wahrscheinlich: Bakayaro (Arschloch) und macht sich von dannen. Mir egal, meine Schulter tut mir ja nicht den ganzen Tag weh, Tranlappen.....

Noch im Siegestaumel stelle ich mich in der ca. 100 Personen langen Schlange an. Heute werd ich wohl erst in den 2. wenn nicht gar erst in den 3. Zug einsteigen koennen. Egal, ich hab gute Laune! Endlich im Zug angekommen, hechte ich mich sofort auf einen der raren Plaetze. Heute ist wirklich ein guter Tag! Ich sollte Lotto spielen!

Vor mir steht eine ganze Reihe OL’s in Netzstruempfen und High Heels. Die direkt vor mir steht, faengt an sich zu schminken und faehrt sich staendig durch die langen Haare. Das ganze ueberprueft sie mit kritischem Blick in der Scheibe. „Hach, bin isch heud widder kawaii!“ Das schlimme ist: Sie hat recht! Captain an Maschinenraum! Blutzufuhr in die Ionenstrahlkanone unterbinden, Schweissdruesen im Gesicht abschalten und Zunge zum Sabber aus den Mundwinkeln entfernen klarmachen! Ich mache die Augen zu, schlafe in Nullkommanix ein, werde 3 Stationen zu spaet wach (wie machen das die Japaner bloss?) und fahre die 3 Stationen wieder zurueck. Ruhig, Brauner! Noch ist alles im gruenen Bereich.

Auf dem Weg in die Firma sehe ich schon 2-3 Salarimen mit einer Dose Bier als Startpilot auf einer niedrigen Mauer hocken. Neidisch gehe ich an ihnen vorbei. Noch schnell ins Kombini, eine Pulle „Kaffee Ratte“ kaufen. Der Kassenhirni will die Pulle schon in eine Tuete werfen, aber ich kann noch schnell genug abwinken. Stattdessen krieg ich dann halt ein Stueck rotes Tape auf die Pulle geklebt. Wozu soll das gut sein? Um auf dem langen Weg zur Tuer (1.5 Meter) notfalls nachweisen zu koennen, das ich auch ja bezahlt habe? Sei‘s drum, dafuer habe ich jetzt keine Zeit!

Schnell ins Buerogebaeude, wo schon die naechste Schlange auf mich wartet: Die an den Aufzuegen. Obwohl 6 Aufzuege vorhanden sind, fahren niemals mehrere gleichzeitig nach oben. Anzen daiichi! Die Tuer geht auf, ich quetsche mich an den Typen vorbei, die, obwohl sie ganz nach oben muessen, direkt vor der Tuer stehen. Ich habs geschafft! Ein Tag voller Arbeit wartet auf mich!


Fortsetzung folgt!

  1. Da wird man ja richtig neidisch auf dein Leben.. ;-) ach...warum kann ich nicht auch in Japan wohnen, die Schweiz ist ja sooo langweilig!

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  2. @Felix
    Ach weisst du, wenn du erstmal in mein Alter kommst und damit eine gewisse Weisheit erlangst, wirst du schnell und erschuettert feststellen das Arbeiten ueberall der gleiche Scheiss ist.....

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  3. @ Felix
    Nana jetzt aber. So sehr ich Japan liebe, soo langweilig ist es nun bei uns auch nicht. Da werden Kundendaten verschachert, Unterschriften für Volksinitiativen gesammelt, und sich genüsslich an der nicht enden wollenden Auswahl von Schokolade delektiert. Und mag die Schweiz noch so klein sein, was die Platzverhältnisse angelangt, so fällt dieser in der Schweiz definitiv grosszügiger aus. Es hat auch Vorteile klein zu sein ),D

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