Schon wieder nix Neues im Osten.....

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Hier und da bekomme ich schonmal Fragen, ob ich bei all dem negativen Zeugs ueber das ich schreibe, nicht langsam die Faxen dicke habe vom Leben in Tokyo. Darauf gibt es eine ganz klare Antwort: Jain! Natuerlich geht mir hier vieles auf die Nerven, aber das geht mir ueberall auf der Welt genauso. Und natuerlich hat mein Leben in Tokyo nicht nur negative Aspekte, sonst waere ich schon laengst weg. Aber wohin.......??

Nein, zum groessten Teil geniesse ich mein Leben in Japan. Es sind die vielen kleinen Dinge, die das Leben in Japan fuer mich so interessant machen. Nehmen wir zum Beispiel meine alltaegliche Qual: Die Zugfahrt zur Arbeit. Klar, das Pendeln zwischen Arbeit und Haus ist besonders auf meiner Strecke kein Zuckerschlecken: Extrem ueberfuellte Zuege, Mitfahrer die sich morgens die Zaehne mit Misosuppe putzen, das Tropenklima im Abteil, iPhone-Schuettler, all das macht das Bahnfahren in Tokyo zu einem negativen Erlebnis. Trotzdem gibt es hier und da Highlights die mich fuer das erlittene koerperliche Unwohl entschaedigen:

Da waere zum Beispiel die kleine Oma, sicher weit ueber 80, die mich an der Hand genommen hat, weil sie sonst einfach nicht rechtzeitig aus dem Zug gekommen waere. Als ich sie vorsichtig auf den Bahnsteig manoevriert hatte, gab sie mir zur Belohnung einen Schokoriegel, verbeugte sich und verschwand in der Menge. Niedlich!
Oder da war das ca. 16 jaehrige Maedchen (High school), das sich mit Traenen in den Augen bedankte, weil ich sie zuvor aus den „Faengen“ eines Chikan (Grapscher) befreit hatte. Ich hatte mich einfach zwischen sie und den Schmierlappen gestellt, bevor er richtig loslegen konnte.

Und war der Opa, der, nachdem er mein deutsches Buch erkannte, naeher zu mir aufrueckte und mir aufgeregt von seiner Zeit in Deutschland erzaehlte. In bestem Schwaebisch!

Oder die Geschichte mit meinem verlorenen Handy: An einem Montagmorgen flutschte mir unbemerkt mein Nokia N95 aus der Tasche und fiel zu Boden. Natuerlich hab ich es erst in der Firma gemerkt. Klar, in Deutschland waere das 500 Euro-Handy weg gewesen. Hier bin ich am naechsten Tag zur „Lost and Found“-Stelle der Station gestiefelt und bekam mein Nokia in bestem Zustand und in eine Tuete gepackt ausgehaendigt, nachdem ein freundlicher Bahnbeamter (in D auch unmoeglich...) nach ein paar Details gefragt hatte.

Und nicht zu vergessen, all die wunderschoenen Frauen, denen man in der U-Bahn begegnet und von denen man auch mal ein Laecheln geschenkt bekommt.

  1. Zitat:
    "Und nicht zu vergessen, all die wunderschoenen Frauen, denen man in der U-Bahn begegnet und von denen man auch mal ein Laecheln geschenkt bekommt."
    Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!
    ach sagt ich übrigens
    Jajajajajajajajaja! ;-)
    Ich kann bei sowas einfach nicht die Augen zu machen für ein Nickerchen.

    Aber mal im Ernst, dass schöne ist das man so ein Lächeln (meist der Sorte "Wie im Ernst ich?") auch bekommt, wenn man zuerst gelächelt hat, statt dem in Deutschland üblichen genervten "Willste mich anmachen Alter?" Blick.

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  2. Ja es ist sicher nicht alles Gold was glänzt, auch in Japan nicht.
    So angenehm und aufregend es ist in Japan als Tourist herumzureisen, dort leben möchte ich nicht. Der japanische Alltag, gerade in den Metropolen, gerade als,Verzeihung, Schlipsträger, hat für Aussenstehende was von Orwell.

    Die Gegensätze die dieses Land für Aussenstehende so interessant machen, können für denjenigen der dort lebt und arbeitet zur Belastung werden, das ist keine Frage. Wieviel davon aber Japanspezifisch ist,und was Alltagsmief und Stress der jeder Erwerbstätige kennt ist, bleibt schwierig genau zu trennen.

    Das ich jedoch in meiner Heimat einen höheren Lebensstadndard habe, dessen bin ich mir inzwischen sicher. Das ist keine Wertung oder gar Abwertung Japans, sondern der Vergleich meines persönlichen Lebensstil mit den Gegebenheiten in Japan. Auch wenn ich einschränken muss das ich bis jetzt nur einen unzureichenden Teil von Japan kenne, sodass diese Aussage unter vorbehalt zu verstehen ist.

    Wer weiss vielleicht bin ich in zehn Jahren in Okinawa oder in Kyushu und geniesse meinen persönlichen japanischen Traum, von dem ich noch gar nichts weiss.
    Bis dahin jedoch geniesse ich meine Japanreisen, denn eines ist sicher als Tourist in Japan zu sein ist ein seehr angenehmer Zustand.

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  3. "Natuerlich geht mir hier vieles auf die Nerven, aber das geht mir ueberall auf der Welt genauso."

    es hätte nicht besser formuliert werden können. Ich glaube, ich mache mal eine Webseite mit "Coolios coolst-crasse Zitaten".

    Nur das mit den hübschen Frauen, irgendwie funktioniert das nicht bei mir...

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  4. @Heydal
    Das von dir angesprochene Thema ist zu komplex, um in einem Kommentar darauf zu antworten, aber du hast natuerlich recht: Nicht alles ist Gold was glaenzt in Japan. Das ist aber auf der ganzen Welt so. Wo Licht ist, da gibt es auch Schatten, um mal bei den Sprichwoertern zu bleiben. Mit manchen Sachen musste ich mich einfach arrangieren, ohne sie komplett zu verstehen. So ist das halt. Ich selbst bin in der gluecklichen Lage, das ich meinen Lebensstandard halten, bzw. erhoehen konnte. Das ist aber eher die Ausnahme. Besonders wer in einer rein japanischen Firma arbeitet, bekommt sehr schnell zu spueren, das er nicht wirklich dorthin gehoert. Aber darueber kann BigAl euch sicher ein besseres Lied singen. Nein, er kann ein ganzes Doppelalbum vollmachen....
    Ich werd dieses Thema wohl mal in einem Extrabeitrag etwas ausweiten.
    @umij
    Na gut, der Vollstaendigkeit halber: Da ich so ein niedliches Kerlchen bin, werde ich natuerlich auch von einer Menge schnuckeliger Maenner angelaechelt. Bisher konnte ich mich aber noch zurueckhalten.
    Aber mal im Ernst, im Grunde freue ich mich immer wenn mich ein schoener Mensch anlaechelt. Ganz egal ob Mann oder Frau.

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  5. Jep gibt nicht nur tolle Sachen hier. Hab mich irgend wie an meine Außenseiter Rolle unter den Ausländer gewöhnt... Kleine Japanische Firma und alles ist prima. Nah bin halt wieder mal die Ausnahme und da ich nicht so viel mit der Bahn fahre kann ich da auch nicht so viel Sagen außer das wenn ich mit der Bahn fahre und es voll ist mich das schon richtig dolle an stinkt aber sonnst mal über legen... Nah hab mich zum Leben in Deutschland um einiges verbessert was sicherlich auch darin widerspiegelt das ich maximal Deutschland Besuchen werden \(^_^)/ dort leben, nein danke ich hab schon!

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  6. @Heydal: schön geschrieben, dem kann ich mich größtenteils anschliessen. Nur dass ich es mir schon vorstellen könnte, zumindest für eine gewisse Zeit in Japan zu leben und zu arbeiten - so 1-2 Jahre "testweise", mit Rückkehr-Option.

    Mit Sicherheit stellt sich einem Japan anders da, wenn man dort arbeitet. Aber das dürfte andersherum nicht viel besser aussehen, D/A/CH als Tourist ist sicherlich auch schöner und angenehmer, als wenn man hier lebt und arbeitet. Nur denke ich mir manchmal schon, dass Japan da im Vergleich besser abschneidet, einfach aufgrund der beschriebenen Kleinigkeiten, an denen es hierzulande doch mangelt.
    Jedenfalls sind für mich die ersten Tage nach einem Japan-Urlaub immer recht hart. Nicht nur wegen dem Jet-Lag, sondern weil sich leider auch immer das Gefühl einstellt, nur noch von asozialem Pack umgeben zu sein. Beides legt sich aber mit der Zeit wieder.

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